Wo der Weg zur guten Führungskraft beginnt.

Führungskräfte haben es nicht leicht, Gefühle auszudrücken. Eine gute Miene machen, egal wie es innerlich aussieht, gehört zum Standardprogramm. Manchmal platzt einem aber auch mal der Kragen. Sowohl nach innen gerichteter Stress als auch Emotionsausbrüche sind Anzeichen dafür, dass etwas in uns vorgeht. Oft sind wir uns dessen nicht bewusst und machen weiter, wie bisher. Wohin es führen kann,
wenn wir unsere innere Stimme über längere Zeit verdrängen, können wir am eigenen Leib erfahren, wenn sich körperliche Warnsignale einstellen. Ein Ohrgeräusch bleibt länger. Das Augenlid zuckt. Der Schlaf wird unruhiger. Dies sind Anzeichen, dass der Körper sich an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit bewegt, hin zu Erschöpfung und Überforderung.
Eine gute Führungskraft sein - was hat das Gehirn damit zu tun?
Wer will denn schon keine gute Führungskraft sein? Mit Vision das Unternehmen oder sein Team zum nächsten großen Ziel führen. In Mitarbeitern das Feuer entfachen, für Veränderungen begeistern und zum Handeln inspirieren. Die Mitarbeiter fördern und sie bei ihren Aufgaben unterstützen. Ein offenes Ohr haben. Deutlich und fair kommunizieren und handeln. Gute Leistungen anerkennen und Mitarbeiter loben. Fehler als Chance zur Verbesserung sehen. Offen sein für Vorschläge, Kreativität fördern und Sinn für Humor haben...
Die Neurowissenschaften belegen durch Studien, dass für dieses Führungsverhalten Netzwerke eines bestimmten Areals unseres Gehirns aktiviert sein müssen. Es handelt sich um den präfrontalen Cortex an der Stirnseite des Gehirns, der für bewusstes Handeln zuständig ist. Dieses Hirnareal ist ein Teil des Neo-Cortex oder „Neusäugerhirn", der in der Evolution jüngste Teil des Gehirns. Bei ausreichender Aktivierung ist der präfrontale Cortex der emotionale Manager einer Person. Er bringt eine analytischere oder angemessenere Reaktion in unsere emotionalen Impulse und Reaktionen hinein, indem er die Amygdala, direkt verantwortlich für die durch Bedrohungen ausgelösten physiologischen und verhaltensbezogenen Reaktionen, und die anderen limbischen Bereiche dämpft.
Das limbische System ist Teil des „Altsäugerhirns“ und gilt als emotionales Zentrum, zuständig für Gefühle, Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis. Das limbische System unterscheidet sofort in Freund oder Feind und löst den Alarmzustand aus, der das Funktionieren des störanfälligen präfrontalen Cortex durch Übererregung beeinträchtigt. Jetzt funktionieren nur noch die robusten älteren Hirnareale zuverlässig, nämlich das limbische System und der älteste Teil des Gehirns, das „Reptilienhirn“.
Das „Reptilienhirn“ ist für die Überlebensfunktionen wie Atmung, Herzschlag, Darmtätigkeit, Wachen und Schlafen zuständig. Hier entstehen reflexartige Reaktionen auf echte oder vermeintliche Gefahren und Bedrohungen, die sich in Flucht, Kampf oder Erstarren manifestieren. Dies sind die kopflosen Stressreaktionen, die alle verfügbaren Reserven mobilisieren. Zuviele Stressreaktionen ohne Möglichkeit des ‚Auftankens’ führen auf Dauer zu Überbelastung und Zusammenbruch.
Heute sprechen Wissenschaftler wie Joseph E LeDoux Ph.D., professor of neuroscience and psychology at New York University, über Hirnfunktionen als Produkt von Systemen anstatt von Arealen. Die Terminologie der ‚Hirnareale‘, obwohl zweckmäßig für die einfache Beschreibung von Modellen, erlaubt nur eine vereinfachte Darstellung und berücksichtigt nicht die neuesten Erkenntnisse und Details der wissenschaftlichen Studien.
Gute Führung braucht Energie und Ausgeglichenheit
Damit der präfrontale Cortex seinen Job machen kann, und alle Hirnareale so ansteuert, dass wir unser gewünschtes Führungsverhalten auch zeigen können, sollten wir möglichst ausgeglichen sein, d.h. unser Reptiliengehirn und unser limbisches System dürfen nicht zu sehr aktiviert sein durch Stress und Angst.
Der präfrontale Cortex braucht außerdem viel Energie in Form von Glukose. Bei Hunger, Stress oder Schlafmangel fehlt diese Energie häufig, da der Körper nicht in der Lage ist, Glukose zu verarbeiten. Zwar hat der Körper ein größeres Verlangen nach Koffein oder Süßem, aber der Körper ist nicht in der Lage, sie effizient zu verwerten.
Wenn der präfrontale Cortex auf Sparflamme arbeitet, fehlt uns oftmals auch der Durchblick. Wir sehen gewisse Dinge einfach nicht mehr, wie sie sind. Unsere geistige Aufnahmekapazität ist ausgeschöpft, und wir spielen unsere eingefahrenen inneren Programme und Denkmuster routinemäßig ab. Kreativität ist in diesem Zustand nicht möglich. Wir stecken in den Stressreaktionen fest, die automatisch ablaufen, wenn unserer Alarmsystem aktiviert ist, und der präfrontale Cortex seine mäßigende Wirkung nicht ausübt.
Die 3-Minuten Strategie
Wir alle haben unsere eingefahrenen Muster, um Abstand zu gewinnen von einer stressigen Situation. Für die einen ist es die Zigarette, für die anderen die Tasse Kaffee oder Schokolade. Diese kleinen Zufluchten lassen uns kurzfristig 'durchatmen', verändern aber nichts an unseren Mustern.
Wenn es möglich wäre, in 3 Minuten unser Routine-Programm zu stoppen und in diesem Augenblick völlig präsent und bewusst da zu sein, wieviel mehr Möglichkeiten könnten wir entdecken mit dem Potential, die Handlungsweise zu wählen oder das Empfinden zu verändern?
Probieren Sie es einmal aus. So geht's :
1. STOP :
- Still stehen oder sitzen und ein paar Mal tief in den Bauch atmen. Dann wie gewohnt atmen. Wo im Körper ist der Atem zu spüren?
- Sich der Gedanken und Gefühle bewusst werden, die gerade Stress verursachen. Diese zulassen wie sie jetzt da sind, und bei jedem Ausatmen bereit sein, die Gedanken, Gefühle und die Verspannungen im Körper etwas loszulassen.
- Sich auch der angenehmen Empfindungen bewusst werden, so wie sie jetzt da sind.
- Sich der Möglichkeiten bewusst werden, die jetzt vielleicht erkennbar sind.
2. Fragen Sie sich : 'Welche eine Sache ermöglicht jetzt eine spürbare
Absenkung meines Stresslevels?'
3. Check-in : Wie fühlen Sie sich, was hat sich für Sie verändert? Was werden Sie
jetzt tun?
"Wenn Du Deine Sicht auf die Dinge veränderst, verändern sich die Dinge, die Du siehst.“ Dr. Wayne Dyer
Stress-Symptome ignorieren oder an die Oberfläche holen?
Manche Menschen ignorieren die Stress-Symptome, um sich selbst zu schützen, aus Sorge, dass die eigene psychische Belastung noch anwachsen könnte, wenn man sich mit seinem inneren Stress beschäftigt. Oder man möchte sich seinen Stress nicht eingestehen, aus Angst, man selbst oder andere könnten einen für 'nicht belastbar' halten. Es kann auch das Gefühl entstehen, den Chef, die Kollegen, das Team oder die Firma im Stich zu lassen, wenn man auf seine Bedürfnisse achtet.
Diese Einschätzung entsteht aus unserer sozialen Konditionierung heraus. Wir urteilen über uns selbst, weil wir es gewohnt sind, uns an äußeren Maßstäben zu orientieren.
Der Weg zu mentaler Stärke und innerer Entspanntheit
Dieser Weg führt uns zu unserem inneren Sein. Wir kommen in Verbindung mit uns selbst, wenn wir präsent sind in diesem Augenblick.
„Wenn du die Berührung mit der inneren Stille verlierst, verlierst du den Kontakt mit dir selbst. Wenn du den Kontakt mit dir selbst verlierst, verlierst du dich in der Welt.“
Es erfordert regelmäßiges Training des Achtsamkeits-Muskels, um sich der inneren Landschaft von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen bewusst zu werden, und sie, in Ruhe und mit liebender Güte, nicht wertend, aus einer Distanz zu beobachten und sich nicht von den Empfindungen und Emotionen mitreißen zu lassen.
Wir werden mit der Zeit erkennen, dass das Stressempfinden von unserer inneren Haltung beeinflusst wird. Je weniger wir uns mit unseren Gedanken und Gefühlen identifizieren, und je mehr wir in unserer Innenschau als wohlwollender Beobachter eine gewisse Distanz wahren können zu dem, was in uns vorgeht, desto besser können wir mit der Situation, so wie sie in diesem Moment ist, umgehen. Wir sind dann in der Lage, eine bessere Antwort zu wählen, anstatt unsere gewohnte, meist kopflose, Reaktion zu zeigen.
Über die Autorin
Sylvia Kaldenbach ist ein erneuernder und transformierender Coach für persönliche und organisationale Innovation, mit einer inspirierenden Vision zu Wohlbefinden aus einem authentischen und selbst-bestimmten persönlichen Lebensstil. Ich unterstütze Wachstum mit unternehmerischer Kreativität und helfe bei der Umsetzung von Ambitionen und Intentionen zum gewünschten Impakt. Ich fokussiere auf die humane Seite der Geschäfts- und Berufswelt und fördere fundamentale Meta-Kompetenzen wie Vertrauen bilden, Verbundenheit und förderliche zwischenmenschliche Interaktionen und Konversationen. Ich begleite UnternehmensleiterInnen, Führungskräfte und unternehmende, kundengerichtete Menschen beim empathischen Navigieren, beim innovativen Führen und gleichwertigen Zusammenarbeiten innerhalb und außerhalb der Organisation.